Beste Sicht auf den Prozess

Steuerung per Tablet in der automatisierten Möbelfertigung

Beste Sicht auf den Prozess

Ein neues Bedienkonzept für eine robotergestützte Profilummantelungsanlage: Dieses Ziel hat ein aktuelles Transferprojekt von it´s OWL. Die erste Tablet-gesteuerte RoboWrap-Anlage ist bereits im Einsatz.

Ziel des Transferprojektes war eine Wireless-Steuerung der Anlage per Tablet. (Bild: D?spohl Maschinenbau GmbH)
Ziel des Transferprojektes war eine Wireless-Steuerung der Anlage per Tablet. (Bild: D?spohl Maschinenbau GmbH)

Die Dichte an mittelständischen Maschinenbauern in der Region Ostwestfalen-Lippe ist hoch, viele von ihnen kommen aus der Holzverarbeitung. Über das Netzwerk sowohl der Maschinenbauer als auch ihrer Zulieferer gerät (zumindest außerhalb der Region) leicht in Vergessenheit, dass die Möbelproduktion in OWL nach wie vor ein wichtiger Industriezweig ist. Das gilt insbesondere für die Küchenindustrie. Große und angesehene Hersteller wie Häcker, Leicht, Miele, Nobilia, Poggenpohl und Rational sind hier zuhause, ebenso Zulieferer und Maschinenbauer. Unter ihnen befinden sich Spezialisten wie das Unternehmen Düspohl Maschinenbau in Schloss Holte-Stukenbrock, das sich auf Anlagen für die Flächenkaschierung und die Profilummantelung von Holz- und Kunststoffen konzentriert.

Kleine Stückzahlen, hohe Qualitätsvorgaben

Bei der Profilummantelung ist klar der Trend zur wachsenden Vielfalt erkennbar. Da führt vermehrt zu einer auftragsbezogenen Produktion mit kleinen Stückzahlen bei gleichzeitig hohen Qualitätsvorgaben. Üblicherweise wird das aufzubringende Ummantelungsmaterial in der Ummantelungszone von Andruckrollen an die jeweilige Kontur des Profils angedrückt. Die Andruckrollen müssen von einem erfahrenen Mitarbeiter ausgewählt und manuell justiert werden. Das führt zu Rüstzeiten von durchschnittlich anderthalb Stunden. Um diese unproduktive Zeit zu verkürzen und den Prozess zu automatisieren, hat Düspohl das RoboWrap-System entwickelt, das einen in der Branche bislang einmaligen Automatisierungsgrad aufweist.

Profilummantelung mit Robotik

Bei den RoboWrap-Anlagen übernehmen Sechsachsroboter den Andruck der Rollen an das Profil. Die Rollen werden in einem Magazin verwaltet und vor jedem Einsatz durch einen Linienlaser vermessen. Anhand der CAD-Daten des zu ummantelnden Profils und dem Wissen über die exakte Kontur der im Magazin vorhandenen Rollen kann per Software ein Abgleich der Rollen auf das Profil berechnet werden. Zudem richten sich die Linearachsen bei Formatänderungen über Stellantriebe automatisch ein: Seitenführungen, Breiten- und Höhenverstellung, Feinstaubentfernung, Heizaggregate und die Folienabwicklung werden dann in die jeweilige Position zum Profil gebracht. Während des Anlagenbetriebs stellen Zeilenkameras einen parallelen Verlauf der Kante des Ummantelungsmaterials zum Profil sicher. Alle automatisierten Komponenten bzw. Prozesse werden über eine grafische Oberfläche gesteuert.

Überwachung und Nachführung

RoboWrap ist die erste automatisch einrüstende Profilummantelungsanlage der Welt. Bislang noch nicht möglich ist jedoch die Einflussnahme auf die Positionsparameter der Roboter während der Produktion. Genau das war Ziel eines Projekts des Clustes it´s OWL, das Düspohl gemeinsam mit dem Citec (Cognitive Interaction Technology Excellence Cluster) der Universität Bielefeld durchführte. Zu dessen Forschungsschwerpunkten gehört die Gestaltung von neuartigen Mensch/Maschine-Schnittstellen z.B. mit Gesten- oder Sprachsteuerung. Dabei sollen sich – so die Vision – die Maschinen auf den Menschen einstellen anstatt die Menschen auf die Maschine. Am hier beschriebenen Projekt war die Arbeitsgruppe Kognitronik und Sensorik beteiligt. Verbindendes Forschungsziel ist der systematische Entwurf und bedarfsgerechte Einsatz von innovativen mikroelektronischen Systemen in unterschiedlichen Anwendungen.

Ein Bediener – mehrere Anlagen

Konkretes Ziel des Projektes: Ein Experte für Profilummantelung soll den parallelen Betrieb mehrerer RoboWrap-Anlagen überwachen und ggfs. Parameter nachjustieren – insbesondere die Position und die Ausrichtung der Andruckrollen am Profil. Ein erfahrener Mitarbeiter kann erkennen, welche Andruckrollen gegebenenfalls initial nicht ideal angeordnet wurden oder während des Betriebes aus dem Soll laufen. Dieses Fachwissen soll für eine möglichst zeiteffiziente und präzise Nachjustierung der Anlage im laufenden Betrieb genutzt werden, genauer gesagt zu einer automatisierten Verstellung der als fehlerhaft identifizierten Andruckrollenposition durch die Roboter. Damit ein Mitarbeiter erstens mehrere Anlagen überwachen und zweitens den Erfolg der Justiermaßnahmen sofort begutachten kann, ist es notwendig, dass als Mensch/Maschine-Schnittstelle ein mobiles Endgerät genutzt wird.

Tablet für die Steuerung

Genau dieses Konzept wurde im Projekt umgesetzt. Die RoboWrap-Anlage wurde mit einem gesicherten WLAN-Hotspot ausgestattet, der die Verwendung von handelsüblichen Endgeräten (z.B. Tablet, Smartphone oder Laptop) für die Maschinensteuerung erlaubt. Ein in die Steuerungsapplikation der Anlage integrierter Web-Server stellt den mobilen Endgeräten die aufbereiteten Daten als HTML-Seite zur Verfügung. In einem eingebetteten JavaScript wird eine WebSocket-Verbindung aufgebaut, die einen bidirektionalen Datenaustausch zwischen Steuerungsapplikation und Browser-basierter Anwendung auf dem mobilen Endgerät erlaubt.

Erste Anlage bereits ausgeliefert

Im Rahmen des Projekts wurde eine voll funktionsfähige dezentrale Steuerungslösung für das Nachjustieren einzelner Ummantelungsrollen während der Produktion realisiert. Die erste an einen Kunden gelieferte RoboWrap-Anlage ist bereits mit der mobilen Steuerung ausgestattet – als Ummantelungsanlage mit automatisierter Ummantelungszone. Die Tablet-Steuerung wurde von den Maschinenbedienern sehr gut angenommen und als echter Mehrwert angesehen. Daher ist geplant, alle weiteren Anlagen der Produktserie mit dieser Funktionalität auszustatten.

Einbindung von Videostreams

Für die Zukunft sind Erweiterungen der Wireless-Überwachungsfunktionen denkbar, zum Beispiel die Einbindung des Videostreams einer in der Anlage verbauten Kamera. Das würde eine visuelle Inspektion auch an schwer zugänglichen Stellen ermöglichen. Mit der Speicherung der Nachjustierung können diese Informationen zudem für die nächste Einrüstung des Profils an der Anlage verwendet werden, so dass das Fachwissen des erfahrenen Mitarbeiters in die automatische Konfiguration miteinfließt und diese somit stetig verbessert.


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