Prozessoptimierung im Sinne von Industrie 4.0


CNC Blechbearbeitung, Zuschnitt und Leitungskonfektionierung

Es folgen nun drei Arbeitsschritte, die in hohem Maße automatisiert sind. „In unserem Blechbearbeitungszentrum bearbeiten wir jährlich ca. 6.000 unterschiedliche Montageplatten, Türen, etc. Dabei sind die Aufbaupläne vollständig digitalisiert“, erläutert Thomas Hagemann. Auch hier scannt ein Mitarbeiter den Auftrag zunächst von der virtuellen Arbeitskarte ein und verschafft sich am Computerbildschirm einen Überblick über die anzufertigenden Teile. Per Knopfdruck wird dann der Befehl zur unterbrechungsfreien Blechbearbeitung an die CNC-Bearbeitungsmaschine geschickt. Eventuell notwendige Werkzeugwechsel erfolgen automatisch. Alle bearbeiteten Teile einer Schaltanlage werden dann einer Sichtkontrolle unterzogen und für den weiteren Produktionsablauf gekennzeichnet. Ähnlich automatisiert verläuft dann der Zuschnitt der Kabelkanäle und Hutschienen. Dabei finden pro Jahr rund 40.000 Ablängungen bei Blumenbecker statt, die durch vollautomatische Anschlagsysteme vollzogen werden. Abschließend und ebenso automatisiert erfolgt die Konfektionierung der im Schaltschrank zu verbauenden Leitungen. Die virtuelle Arbeitskarte wird in die Software eingelesen, die Arbeitsschritte werden an die Bearbeitungsmaschine übertragen und unverzüglich ausgeführt, inklusive der Bildung von Leitungssequenzen und -bündeln. Dabei erfolgt eine Prozess- und Produktüberwachung.

Funktionsgruppenbildung

Da jede Schaltanlage aus unterschiedlichen Funktionsgruppen besteht – eine Funktionsgruppe kann beispielsweise aus verschiedenen Komponenten wie Schützen und Hilfskontakten bestehen -, müssen die zahlreichen Komponenten früher oder später im Arbeitsprozess zu solchen zusammengeführt werden. Dieser Arbeitsschritt ist in der neuen Fertigungsstätte bei Blumenbecker besonders clever gelöst. Früher war es so, dass ein Mitarbeiter in einem, je nach Umfang der Funktionsbaugruppe mehr oder weniger aufwendigen Such- und Sortierprozess aus Papierstücklisten die Komponenten mühselig zusammenstellen musste. Heute befindet sich rechts und links neben dem Mitarbeiter ein Tisch, dessen Ablageflächen in quadratische Zonen unterteilt ist. Nach dem Einlesen der virtuellen Arbeitskarte wird ihm am Computerbildschirm angezeigt, wie viele Zonen für seinen spezifischen Auftrag relevant sind. Der Mitarbeiter kann nun einen beliebigen Artikel aus der Kommission zur Hand nehmen, diesen scannen und erhält dann sofort am Bildschirm und auf seiner Ablagefläche anhand einer blinkenden, roten Schraffierung die eindeutige Information, in welcher der Zonen er den Artikel ablegen soll. Dieser wird dann wiederum gescannt, so dass die Software die Bestätigung erhält, dass die richtige Komponente am richtigen Platz abgelegt wurde, was erheblich zur Prozesssicherheit beiträgt. Dieser Vorgang wird so lange wiederholt, bis eine Funktionsbaugruppe vollständig ist, was ebenfalls visuell signalisiert wird. Ist eine Funktionsbaugruppe komplett, erfolgt automatisch ein Ausdruck der relevanten Betriebsmittel. Eine besondere Variante dieser Mensch-Maschine-Schnittstelle besteht darin, dass ein Mitarbeiter die Interaktion mit der Software auf Wunsch nicht nur visuell, sondern auch akustisch über ein Bluetooth-Headset ausführen kann. In jedem Fall reduziert sich zum einen eine vormals sehr zeitraubende Tätigkeit auf ein Minimum, zum anderen werden mögliche Fehler bei der Zusammenstellung der Komponenten bereits bei der Funktionsgruppenbildung behoben und nicht etwa erst bei der Verdrahtung bemerkt. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass dieser Prozess jetzt absolut papierlos abläuft und die Stücklistendaten immer dem aktuellen Stand entsprechen.

Qualitätscheck: Schaltschrankprüfung und Exportkontrolle

Nachdem alle Funktionsbaugruppen verbaut und die Schaltanlage fertig gestellt wurde, durchläuft diese eine sogenannte sequenzielle Schaltschrankprüfung, d.h. einen tabellarisch aufgebauten Prüfablauf. Wiederum scannt der dafür zuständige Mitarbeiter die mittlerweile am Schaltschrank angebrachte virtuelle Arbeitskarte ein. Eine speziell für diese Zwecke entwickelte Software holt sich die notwendigen Informationen zum jeweiligen Schaltschrank aus der Blumenbecker-Datenwolke und lädt das benötigte Prüfablaufprogramm, welches dann Schritt für Schritt abgearbeitet wird. Der Mitarbeiter wird sukzessive durch den Prüfablauf geführt und muss lediglich einzelne Prüfabschnitte, wie beispielsweise Prüfungen oder Einstellungen an Geräten, am Bildschirm per Mausklick quittieren. Alle Prüfschritte werden dabei auch zeitlich überwacht und statistisch ausgewertet, so dass mögliche Wiederholungsfehler sofort erkannt werden und bei der Produktion, wenn nötig, nachgebessert werden können. Am Ende wird das Ergebnis anhand eines Prüfberichts schriftlich protokolliert. Da zahlreiche Schaltanlagen, die in Deutschland gebaut werden, für den Export bestimmt sind, ist es für Maschinen- und Anlagenbauer enorm wichtig, genaue Informationen hinsichtlich der ausfuhrgenehmigungspflichtigen Komponenten zu haben, die in ihren Schaltschränken verbaut sind. Auch hier erhalten die Blumenbecker-Kunden eine wertvolle Unterstützung, denn jeder Schaltschrank, der das Werk in Beckum verlässt, wird auf genehmigungspflichtige Artikel kontrolliert. Gegebenenfalls erfolgt dann eine automatisierte Zollanmeldung, die Übergabe aller ausfuhrrelevanten Informationen an das Zollsystem, der Abgleich der Stammdaten inkl. Artikelnummern mit dem Zollsystem sowie die Dokumentation der durchgeführten Exportkontrolle. Hierfür wurde die Firma Blumenbecker vom deutschen Zoll entsprechend geprüft und besitzt seit Februar diesen Jahres das Zertifikat als AEO (Authorised Economic Operator), also als zugelassener Ausführer. Es bleibt zu erwähnen, dass für einige dieser Verfahren bereits die Patentanmeldungen in Vorbereitung sind.


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