„Aufzeigen, wo der Benefit liegt“

Interview mit Martin Greif, Bachmann Electronic

„Aufzeigen, wo der
Benefit liegt“

Bachmann Electronic hat seine Wurzeln im Maschinenbau, wurde aber einige Jahre nur im Marktsegment der regenerativen Energien, allen voran der Windkraft, wahrgenommen. Martin Greif, verantwortlich für die Business Unit Industry bei Bachmann Electronic, erklärt im SPS-MAGAZIN, wie es um den Maschinenbau in der heutigen Aufstellung des österreichischen Automatisierungsanbieters steht und welche Herausforderungen dort zukünftig zu meistern sind.
Herr Greif, welchen Stellenwert hat der Maschinenbau heute im Unternehmen Bachmann Electronic?

Martin Greif: Der Maschinenbau war in den frühen Jahren das einzige Standbein des Unternehmens. Dass sich unsere Steuerungstechnik auch für den Einsatz in der Windkraft sehr gut eignet, hat nach der Jahrtausendwende zu einem überproportionalen Wachstum und Engagement in diesem Bereich geführt. Der Kehrseite der Medaille in Form einer gewissen Branchenabhängigkeit entgehen wir heute mit unserer breiten Ausrichtung auf weitere Marktsegmente wie maritime Anwendungen oder Energie. Der Maschinenbau stand aber auch über die ganze Zeit hinweg im Fokus, er kam allerdings in der Außendarstellung – im Vergleich zum Hype um die regenerativen Energien – etwas zu kurz. Heute positionieren wir unsere Produkte wieder sehr bewusst für diesen Markt.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Greif: Ein guter Vertreter dafür ist unser Flottenmanagement FMS, das wir dediziert auf den Maschinenbau abgestimmt haben. Ein weiteres Beispiel ist der Ausbau der Antriebstechnik bei Bachmann im Sinne der Softwareregelung oder für Motion-Control-Anwendungen. Insgesamt wollen wir als Spieler im Maschinenbaumarkt aber nicht über einzelne Produkte wahrgenommen werden. Bachmann hat ein anderes Selbstverständnis: Wir haben die Problemstellungen unserer Kunden verstanden und können passende Lösungen anbieten, die neben Automatisierungs- und Antriebstechnik auch Sensorik, Visualisierung und das Engineering abdecken.

Das klingt, als wäre das gesamte Bachmann-Spektrum auf die Bedürfnisse des Maschinenbaus abgestimmt.

Greif: Ja. Abseits von einzelnen Elementen aus der Energietechnik – z.B. Netzschutz oder Grid-Synchronisierung -, passt unser gesamtes Spektrum im Maschinenbau sehr gut, inklusive Kommunikations- und Sicherheitstechnik. Die Hauptaufgabe für uns besteht in der Praxis darin, dieses Portfolio so auf die jeweilige Anwendung zu projektieren, dass für den Maschinenbauer der entsprechende Mehrwert ersichtlich wird. Es nützt nichts zu sagen: Wir haben Safety. Sondern man muss dem Kunden genau aufzeigen, wo der unmittelbare Benefit für ihn liegt.

Fokussieren Sie mit dieser Herangehensweise spezielle Segmente des Maschinenbaus, bestimmte Branchen oder Anwendungen?

Greif: Nicht pauschal, aber die Automatisierungstechnik von Bachmann hat nun mal ihre Wurzeln und Kernwerte. Dazu gehören Langzeitkompatibilität und Langzeitverfügbarkeit oder hohe Prozessgeschwindigkeit. Wenn wir damit kurzlebige Maschinenbausegmente adressieren, wie beispielsweise die Verpackungstechnik, funktioniert das nicht. Stattdessen richten wir uns zielgerichtet an Maschinen und Anlagen mit einer hohen Lebenserwartung und die finden sich oft im Bereich des schweren Maschinenbaus, konkret bei Pressen, Walzwerken sowie in der Umform- oder Druckgusstechnik.

Sie sprachen bereits die Bachmann-Lösung FMS für das Flottenmanagement an. Was bieten Sie Ihren Kunden in diesem Bereich, was die Wettbewerber nicht können?

Greif: Unser Alleinstellungsmerkmal ist hier die Einfachheit. Es gibt nur wenige mittelständische Maschinenbauer, die sich mit diesem Thema ernsthaft auseinandersetzen, denn erstens fehlt noch das Bewusstsein und zweitens auch einfach die Zeit. Wir zeigen einen inkrementellen Weg auf, wie man mit dem Thema intelligente Datennutzung umgehen kann und bieten mit FMS eine Lösung, die auch kleine aber durchaus wertvolle Schritte erlaubt.

Welche Sind das?

Greif: Wir nutzen z.B. im ersten Schritt bereits vorhandene Technik, wie die Sensorik in der Maschine, und werten diese Informationen zusätzlich zur Betriebsführung aus. Diese Zustandsinformationen können in einem zweiten Schritt über die lokale HMI oder ein MES schon genutzt werden. Wenn sich diese Bausteine dann im dritten Schritt über einen Server zentral auswerten und steuern lassen und der Anwender neue Updates auf die Maschine aufspielen kann ohne die Betriebsführung zu beeinflussen, dann ist der Kunde bestmöglich auf die Zukunft vorbereitet.

Also lieber Punkt für Punkt als eine große allumfassende Umstellung?

Greif: Ja. Dieser Ansatz unterscheidet uns von anderen Anbietern. Es geht uns nicht darum, zwanghaft irgendwo ein Zusatzsystem für die Datenanalyse anzuflanschen. Wir betrachten den Prozess durchgehend aber nach dem Bottom-up-Prinzip und gehen dabei von Informationen aus, die schon existieren. Wenn man diese in ein Softwaremodul überführt, das kritische Parameter überwacht, dann kommt man schnell zu einer hohen Transparenz.

Das heißt, Ihr Ansatz entspricht auch dem Retrofit-Bedürfnis europäischer Produktionsanlagen?

Greif: Genau. Weiterhin unterstützt FMS die Maschinenbauer auch beim Wandel von Geschäftsmodellen. Wenn es die Hersteller schaffen, neben Entwicklung und Vertrieb ihrer Anlagen auch dauerhafte Servicekonzepte anzubieten, dann sind sie zukunftsfähig aufgestellt – und darum geht es auch bei Industrie 4.0.

Wir schätzen Sie die Ansprüche von Industrie 4.0 nach zukunftsfähigen Lösungen denn insgesamt ein? Und welchen konkreten Nutzen kann Bachmann Electronic hier heute schon bieten?

Greif: Aus unserer Sicht ergeben sich hier drei Stoßrichtungen: der horizontale Informationsfluss, der vertikale Informationsfluss und das Engineering. Der horizontale Informationsfluss bezieht sich auf flexible und effiziente Produktion, durchgängigen Datenaustausch entlang der Wertschöpfungskette, die Integration von Safety und Security oder modernes Energiemanagement. Diese Punkte sind meiner Meinung nach meist mit bereits bestehenden Technologien zu lösen. Hinzu kommt natürlich eine konsequente Nutzung von Standards, die teils noch zu definieren sind. Da wir bei Bachmann das breiteste Spektrum an Kommunikationsprotokollen und implementierten Standards abdecken, sind wir hier immer auf dem aktuellen Stand. Ganz egal, welche die Protokolle der Zukunft sein werden: Wir sind in der Lage, sie zu unterstützen.

Was verstehen Sie unter vertikalem Informationsfluss?

Greif: Der vertikale Datenaustausch führt den Anwender von präventiven Instandhaltungs- und Servicekonzepten hin zur zustandsbasierten Wartung. Darin liegt großes Potenzial zur Vermeidung unnötiger Kosten und Verbesserung der Verfügbarkeit. Für den Maschinenbauer ergibt sich durch die Informationsbereitstellung auch ein Service- und Geschäftsmodell. Der Rückfluss realer Betriebsbedingungen und Belastungen zahlt sich für den Hersteller zudem in der Entwicklung aus – schließlich wird ein Großteil der Lebenszykluskosten bereits im Engineering definiert.

Und wohin geht es beim Engineering? Welche Punkte stellen Sie hier in den Vordergrund?

Greif: Ein wichtiger Trend in diesem Bereich ist der Modellgedanke, mit dem Bachmann zwei Aspekte adressiert: Einer davon, die demografische Entwicklung und der daraus resultierende Rückgang von Expertenwissen und Ressourcen, zwingt Anwender an der Entwicklungseffizienz zu arbeiten und Wissen zwischen unterschiedlichen Engineering-Schritten austauschbar zu machen. Dafür setzen wir auf ein Vorgehen, das den Prozess komplett von der Informatik trennt. Der Fachexperte kann sich dabei auf den eigentlichen Prozess konzentrieren und der Automatisierer auf die grundlegende Funktion der Anlage. Der zweite Aspekt ist getrieben durch die Variantenvielfalt. Nicht nur in der Produktion, auch im Maschinenbau geht es in Richtung Losgröße 1 – also zur individualisierten Maschine. Dabei wird rund um den Kernprozess alles für einen bestimmten Anwendungsfall angepasst. Wir offerieren unseren Maschinenbaukunden Lösungen, um diese Vielfalt einzudämmen. Lösungen im Sinne automatischer Code-Generierung und automatischer Code-Prüfung, die es ermöglichen, sich um die Peripherie und deren Automatisierung zu kümmern.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Greif. n Permanenter Gesundheitscheck

Viele Maschinen laufen heutzutage mehr als fünfzehn Jahre, das heißt dass Systemoptimierungen während der Laufzeit die Regel sind. Umso wichtiger ist es sowohl für den Maschinenbauer, als auch für den Betreiber, möglichst viel über den Gesundheitszustand seiner Maschinen zu wissen. Das Bachmann-Software-Modul FMS (Flotten-Management-System) holt ohne großen Mehraufwand Daten aus der Tiefe der Maschinen-Sensorik und -Aktorik und ermöglicht so eine weltweite zustandsbasierte Wartung. Mittels FMS lassen sich die Menge der weltweit gesammelten Daten sowie die Qualität der daraus gewonnenen Informationen deutlich erhöhen. Das Software-Modul erkennt Fehler und Verschleißerscheinungen frühzeitig und kommuniziert diese proaktiv direkt an die richtigen Stellen, wie Betriebsführung, Serviceteam des OEM oder die Warnleuchte einer Anlage. Der durchgängige vertikale Informationsfluss liefert dem Maschinenbauer darüber hinaus wertvolle Informationen zur tatsächlichen Maschinennutzung. Diese kann er in die Produktentwicklung einfließen lassen, um seine Maschinen noch besser an die Bedürfnisse der Nutzer anzupassen.

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