Application- und Safety-Engineering in einem Tool

Smart Factory – aber mit Sicherheit

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Mehr denn je sind Softwareingenieure heute gefordert, sich nicht nur auf die Programmierung der eigentlichen Anwendungen zu fokussieren, sondern parallel dazu auch die Entwicklung funktionaler Sicherheitslösungen für Geräte, Maschinen und Anlagen voranzutreiben. Im Grundsatz ist diese Aufgabe nicht neu: Schon immer ging es im Applikationsengineering auch darum, für einen effektiven Schutz von Menschen, Maschinen und Umwelt zu sorgen und gezielte Vorkehrungen für den Fehlerfall im laufenden Betrieb zu treffen. Ein Roboterarm, der unkontrolliert umschwenkt oder absinkt, ein Transportband, das unvermittelt Richtung oder Geschwindigkeit wechselt oder ein Anlagenkessel, der kritische Volumina gefährlicher Flüssigkeiten oder Gase entweichen lässt – solche Gefährdungen mussten auch schon in der Vergangenheit bedacht und so weit wie möglich beherrscht werden. Der digitalisierungsbedingte Strukturwandel stellt die Anwender jedoch vor neue Herausforderungen. Wo Produktionssysteme künftig so flexibel wie möglich agieren und Maschinen, Geräte und Anlagen in ständig wechselnden Konstellationen kollaborieren sollen, muss sich auch das Safety-Engineering an die veränderten Bedingungen anpassen.

Angesichts der Flexibilität, die industrielle Prozesse in smarten Fabriken und vollvernetzten Wertschöpfungsketten der Zukunft charakterisieren soll, ist diese Anpassung eine anspruchsvolle und permanente Aufgabe. Wenige hochspezialisierte Softwareingenieure müssen heute in immer kürzeren Entwicklungszyklen sowohl Updates und Upgrades als auch Neukonstruktionen so programmieren, dass die Interoperabilität der prozessbeteiligten Maschinen und Anlagen durch adäquate Sicherheitsfunktionen begleitet wird. Einkalkuliert werden müssen dabei zumeist auch aufwendige Zertifizierungsprozesse, was die Projektkosten nach oben treibt und die zeitlichen Spielräume für die eigentliche Entwicklung weiter verengt.

Neues Engineering-Konzept

Durch technische Weiterentwicklungen zeichnet sich jedoch ein Ausweg aus diesem Dilemma ab. So hat der österreichische Engineering-Spezialist Logi.cals eine branchen- und plattformunabhängige Multi-Language-Entwicklungsumgebung vorgelegt, die ein neues Engineering-Konzept verfolgt: Application- und Safety-Engineering sind hier von vornherein systematisch verbunden, sodass Sicherheitsfunktionen entlang der eigentlichen Anwendungen programmiert werden können. Grundlage der Entwicklungsumgebung sind skalierbare und integrationsfreundliche Laufzeitsysteme, wobei für Safety-Lösungen sichere Laufzeitsystem-Varianten vorgehalten werden. Die Programmierung erfolgt über Logi.CAD 3 – ein modular aufgebautes, flexibel erweiterbares Engineering-Toolkit, das auf den marktüblichen Windows-Betriebssystemen läuft und ein Applikationsengineering in allen relevanten IEC61131-3 Standardsprachen (SFC, ST, FBD) sowie darüber hinaus auch in Programmiersprachen wie C oder C++ unterstützt. Bei der Programmierung der beiden Laufzeitsysteme über dieses Tool fungiert der Application-Scheduler als Gateway zwischen Logi.CAD 3 und dem Safety-Scheduler. Application- und Safety-Engineering werden so in enger Verknüpfung mit einem einzigen Tool und aus einer einzigen Entwicklungsumgebung heraus realisiert.

Integrierte Safety-Toolchain

Um die Sicherheitslösung parallel zur jeweiligen Anwendung programmieren zu können, ist in das System eine Safety-Toolchain integriert, die in naher Zukunft das Engineering von Safety-Funktionen bis zu Level SIL 3 nach IEC61508, PLe nach ISO13849 und ASIL C unterstützen wird. Kernkomponenten dieser Toolchain, die von der Logi.cals-Schwestergesellschaft ISH konzipiert wurde, sind eine statische Code-Analyse sowie ein zweistufiger Testmanager, mit dessen Hilfe die programmierten Safety-Funktionsbausteine erst in einer Simulationsumgebung („Software-in-the-loop“) und sodann in der eigentlichen Zielumgebung („Processor-in-the-loop“) getestet und nach bestandenem Testlauf freigegeben werden. Die Implementation der Bausteine kann über die Programmiersprachen FBD, SFC und ST erfolgen. Der Quellcode wird am Ende automatisch in C-Code umgewandelt. Nach der finalen Zertifizierung besteht dann die Möglichkeit, die Bausteine abschließend in speziellen Safety-Bibliotheken zur Verfügung zu stellen.

Sind solche Bibliotheken erst einmal erzeugt, kommt mit dem webbasierten Simple-Application-Engineering-Tools Logi.Safe gewissermaßen eine zweite Ebene der Entwicklungsumgebung ins Spiel. Denn mithilfe dieses Tools können letztlich auch Geräte-, Maschinen- und Anlagentechniker ohne vertiefte Programmierkenntnisse auf die Softwarebausteine zugreifen, sie auf die jeweilige Steuerung laden und die vorgesehenen Sicherheitsfunktionen zusammenstellen. Dadurch wird ein arbeitsteiliges Safety-Engineering möglich, das Programmierprozesse beschleunigt. Die Spezialisten können sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren, während die praxisorientierten Techniker das Engineering finalisieren. Änderungen an den Sicherheitsanwendungen können sogar noch während des Feldeinsatzes vorgenommen werden. Alle Bibliothekszugriffe und die Zusammensetzung der Bausteine erfolgen über eine grafische Benutzeroberfläche, die Nutzung von Programmiersprachen ist nicht erforderlich. Ergänzend zu den Bibliotheken, die von den Softwarespezialisten angelegt wurden, können Logi.Safe-Anwender dabei auch auf die wachsende Anzahl qualifizierter Online-Standardbibliotheken zurückgreifen, die validierte Softwarebausteine für eine Vielzahl industrietypischer Safety-Funktionalitäten bereitstellen.

Fazit

Mit dem Lösungspaket steht Anwendern eine ganzheitliche Safety-Lösung zur Verfügung, die es ermöglicht, Application- und Safety-Engineering nahtlos miteinander zu verbinden. Durch arbeitsteilige Prozesse gelangen Smart-Factory-Betreiber schnell und sicher zu validen Ergebnissen und stellen nicht zuletzt mit Blick auf künftige Entwicklungen das nötige Maß an Flexibilität sicher. Die Vorteile dieses Ansatzes werden schon heute von zahlreichen Anwendern genutzt.

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