Sind Krisen die neue Normalität?

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Wie aus einer Studie von Sopra Steria hervorgeht, betrachtet die Hälfte der Unternehmen und Behörden immer neu auftretende Krisen und Disruptionen als neue Normalität. Wo früher Wettbewerb, neue Kunden- oder Bürgererwartungen und Digitalisierung zu den Top-Herausforderungen zählten, sind es heute zusätzlich die fehlenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, hohe Energiepreise und die Inflation. Ereignisfülle und Informationsmenge haben überdies stark zugenommen. Top-Herausforderung ist in allen untersuchten Branchenclustern der Fachkräftemangel. Der Personalnotstand zwinge viele Unternehmen und Verwaltungen in die Defensive, so die Studienverantwortlichen. Laut Studie können 63 Prozent nicht vorausschauender planen und handeln, weil die personellen Ressourcen fehlen. Speziell die verarbeitende Industrie ist von multiplen externen Effekten betroffen. Konzerne klagen dabei stärker über eine sinkende Nachfrage als der Mittelstand in Deutschland.

Mehrheitlich positive Grundstimmung

Die Grundstimmung zum Jahresbeginn ist dennoch mehrheitlich positiv. Die Wahrnehmung einer brüchigen, ängstlichen, nonlinearen und unverständlichen sogenannten BANI-Welt lässt sich in der Befragung flächendeckend nicht feststellen. Die Unternehmen und Behörden bezeichnen die Lage zwar als gestresst, als Auslöser geben die vielen parallelen Herausforderungen und deren Wucht an. Verglichen mit der Stimmung von vor fünf Jahren schätzt zudem die Mehrheit, dass Unternehmen und Behörden insgesamt heute mehr Bedenken haben. Allerdings führt diese Lage nicht zu einer Lähmung. 53 Prozent der Befragten geben an, die eigene Organisation sei aktiv, um die Herausforderungen zu meistern. Nur drei Prozent sprechen von Angst, zeigt die Studie.

Nicht zurücklehnen

„Zahlreiche Unternehmen stellen offenbar fest, dass viele Szenarien aus dem Jahr 2022 wie Energieknappheit und Versorgungschaos bis hin zu Unruhen rückblickend teilweise zwar eingetreten sind, sich aber nicht so stark auf die Geschäftsergebnisse ausgewirkt haben wie erwartet“, sagt Michael Zwergel, Managementberater bei Sopra Steria Next. „Das sind gute Nachrichten, sollte aber nicht der Anlass zum Zurücklehnen sein“, so Zwergel.

Unternehmen und Behörden wollen anpassungsfähiger werden

Der Berater sieht das Risiko, dass die Verantwortlichen die Anfälligkeit ihrer komplett auf Effizienz getrimmten Unternehmen und Behörden übersehen und strategische Veränderungen ausbleiben. „Die Wirtschaft ist heute hochindustrialisiert und derart eng verwoben, dass Ministörungen ganze Systeme ins Wanken bringen können. Dann steht die Produktion still, weil Bauteile nicht just in time verfügbar sind, oder außergewöhnliche Kundenanforderungen können nicht bedient werden, weil Geschäftsprozesse dafür nicht ausgelegt sind. Zudem können Projekte nicht finanziert werden, weil Zahlungsströme durch Cyberattacken oder neue politische Lagen nicht fließen, wie sie sollen.“

Eine zweite Gefahr sieht Zwergel darin, dass sich die Transformation abschwächt, die nötig wäre, um die IT schneller an neue Rahmenbedingungen anpassen zu können. Ein Drittel der Befragten räumt ein, dass es auf Managementebene zu einem strategischen Umdenken kommen muss, um in der Lage zu sein, besser mit exogenen Krisen und einem generell ‚chaotischeren‘ Wirtschaftsgeschehen umzugehen. Personelle Konsequenzen auf der Führungsebene, beispielsweise in Form von Umbauten bei den Ressorts, haben 15 Prozent gezogen. Es ist bei den Befragten zudem Konsens, dass sie sich schneller an neue Bedingungen anpassen müssen. Die Mehrheit setzt auf die Anpassung ihrer Prozesse sowie auf Qualifizierung und Befähigung. Mitarbeitende sollen demnach mehr Kompetenzen erhalten, damit sich Teams flexibel zusammenstellen lassen, sobald sich die Anforderungen ändern.

Technologiepotenzial wird nicht ausgeschöpft

Langfristige Veränderungen, beispielsweise Präventivmaßnahmen, die Stärkung der Analysefähigkeiten und technologische Unterstützung, sind laut Studie dagegen weniger relevan. Nur 29 Prozent der Befragten nutzen derzeit Automatisierung, eine der wirksamsten Antworten auf Ressourcenengpässe. In der öffentlichen Verwaltung sind es sieben Prozent.

Vor allem Banken und Versicherer dringen mit zunehmender Digitalisierung in die Ökosysteme ihrer Kunden vor und klinken sich auf Plattformen ein. Hierfür investieren sie häufiger als andere Branchencluster in IT-Projekte wie Cloud-Computing und künstliche Intelligenz. Die öffentliche Verwaltung setzt zudem verstärkt auf die Kooperation in Netzwerken. Bund, Länder und Kommunen suchen die Nähe zu GovTech-Start-ups und zu weiteren Partnern aus der Wirtschaft, um Transformationen schneller umzusetzen. Rund jeder zweite Anbieter in der verarbeitenden Industrie kooperiert mit neuen Lieferanten und verbreitert so sein Netz. Ebenso viele bauen bewusst Überkapazitäten auf, um bei neuen Krisen gerüstet zu sein.

„Unternehmen und Public Sector erkennen, dass sich die Gesamtlage verändert, die Antworten und Rezepte sind allerdings vielerorts alte Bekannte, beispielsweise noch mehr Prozessoptimierung. Zudem wird das Potenzial von Technologien als wichtigen Verbündeten in einer zunehmend unübersichtlichen Welt nicht ausgeschöpft oder nicht gesehen“, sagt Michael Zwergel von Sopra Steria Next.

 


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