Digitale Wartung im Projekt AUDIo

Werkzeugmaschinen leichter kalibrieren

Bild: ©Pixel_B/stock.adobe.com

Die Maschinen in der Produktion werden zunehmend komplexer. Ihre Wartung erfordert, auch durch die zunehmende Digitalisierung von Maschinenkomponenten, immer mehr Knowhow der Fachleute. Diese haben aber oft volle Terminkalender und es kommt zu Wartezeiten. Ist es dann soweit, müssen Betriebe die Ausfallzeit ihrer zu wartenden Maschinen aufwendig in ihre Betriebsabläufe integrieren. Außerdem ist jeder Besuch eines Wartungstechnikers mit Kosten verbunden. Die Wartung selbst zu übernehmen, ist dabei meist keine Option: Schon aus Haftungs- und Maschinensicherheitsgründen sind die Maschinenhersteller für die Wartung der Anlagen zuständig, nicht die Maschinenbetreiber. Gleichzeitig bedeuten Wartungen für die Maschinenhersteller laufende Einnahmen, diese fallen aber unregelmäßig an und sind mit hohem Aufwand verbunden. Servicebereitstellung im Maschinenbau erfordert viel Wissen, Prozessverständnis und Erfahrung, insbesondere bei Konfiguration, Wartung und Fehlerdetektion. Dafür brauchen Maschinenhersteller qualifizierte Fachkräfte, die nicht nur teuer, sondern auch immer schwerer zu finden sind.

Selbstständige Wartung mit digitaler Unterstützung

Fachleute des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU, der Technischen Universität Dresden, der Metrom Mechatronische Maschinen GmbH, der Software AG und der TU Wien arbeiten an Lösungsansätzen für dieses Problem. Das Projekt ist Teil des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Technologieprogramms Smarte Datenwirtschaft, in dessen Rahmen anwendungsnahe Forschung im Bereich digitaler Spitzentechnologien gefördert wird. Die Idee: Das Team des Projektes ‚Auditlösung für ML-basierte, datengetriebene Dienstleistungen‘ (kurz AUDIo, der Lesbarkeit halber künftig Audio) kreiert eine Plattform, die die Möglichkeit für einen sicheren, auditierfähigen und automatisierten Austausch von Daten bietet. Dieser basiert auf der Distributed-Ledger-Technologie, vielen besser bekannt als Blockchain. Zudem werden Dienstleistungen wie Wartungen angeboten und zwischen den beteiligten Akteuren, also Maschinenhersteller bzw. Servicedienstleister und Maschinenbetreiber, vermittelt.

Daten mit DLT gesichert

Distributed-Ledger-Technologie (DLT) kommt zum Einsatz, wenn die Daten der Maschinensteuerung über die Audio-Plattform vom Maschinenbetreiber zum Dienstleister oder Maschinenhersteller übertragen werden und wenn Kalibrier- und Konfigurationsdateien von und für Werkzeugmaschinen zurückübermittelt werden. Durch die Nutzung der Plattform sorgen alle Akteure dafür, dass Datentransaktionen und Zustände von Dateien über einen sogenannten Hash-Wert abgesichert werden, der eine Art Fingerabdruck von Dateien und Datensätzen darstellt und nahezu einzigartig ist. Man kann aus einem Hash-Wert nicht auf die Daten schließen – mit den Daten ist es aber sehr einfach, den Hash-Wert zu berechnen. Die Distributed-Ledger-Technologie macht es praktisch unmöglich, diesen Hash-Wert nachträglich zu manipulieren oder zu löschen, da dieser in einem dezentralen, öffentlich einsehbaren Distributed-Ledger-Netzwerk gespeichert wird. Somit kann keine der geschäftstreibenden Parteien behaupten, andere Daten über die Audio-Plattform versendet und erhalten zu haben, denn durch die Offenlegung von den entsprechenden Maschinen-, Kalibrier- oder Konfigurationsdaten und deren Abgleich mit dem Hash-Wert können alle Akteure die Richtigkeit ihres Tuns belegen.

Kreisformtest mit automatischer Datenübertragung

Wie kann das nun in der Praxis aussehen? Auf der im Projekt entwickelten Plattform bietet ein Maschinenhersteller Unterstützung bei der Rekalibrierung einer Maschine als Dienstleistung an. Ein Maschinenbetreiber kann diese Dienstleistung buchen, bekommt aber digitale Unterstützung statt den Besuch eines Technikers. Für den Fall der Kalibrierung einer beispielhaften Werkzeugmaschine der Metrom Mechatronische Maschinen GmbH, die etwa für Fräs- oder Schweißaufgaben eingesetzt werden kann, hat das Audio-Forscherteam ein besonderes Messsystem (Double Ball Bar) entwickelt. Mit dessen Hilfe kann die Genauigkeit der Werkzeugmaschine durch das Abfahren von Bahnen ermittelt werden. Über mathematische Formeln lassen sich dann Fehler und Abweichungen im Raum berechnen, welche durch eine Maschinenkonfigurationsdatei behoben oder minimiert werden können. Durch den Einsatz von Augmented-Reality-Brillen kann der Maschinenbetreiber zusätzliche digitale Unterstützung bei der richtigen Handhabung des Messsystems an seiner Werkzeugmaschine erhalten. Alle gemessenen Daten, die für die Kalibrierung relevant sind, werden von der Maschinensteuerung auf ein Gateway oder Laptop geladen, um über die entwickelte Plattform zum Auftragnehmer transferiert zu werden. Auf Basis der erhaltenen Daten erzeugt der Maschinenhersteller nun die Konfigurationsdatei, die zur Neukalibrierung genutzt wird.

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