„Skalierbare Applikationsunterstützung“

Interview mit Christian Wendler, Vorstandsvorsitzender bei Lenze

„Skalierbare
Applikationsunterstützung“

Wenn es um das Thema Software geht, verfolgt Lenze einen Ansatz, der sich von dem vieler Automatisierungs- und Antriebsanbieter deutlich unterscheidet: Statt einer allumfassenden Software- und Engineering-Umgebung liegt der Fokus auf zielgerichteten und abgestimmten Tools für die verschiedenen Aufgaben und Bereiche. Welche Strategie dahinter steht und welcher Mehrwert für den Anwender entsteht, schildert der Lenze-Vorstandsvorsitzende Christian Wendler im Gespräch mit dem SPS-MAGAZIN.
Herr Wendler, ist man bei Lenze auch der Meinung, dass sich zukünftig in Automatisierung und Antriebstechnik mehr und mehr über die Software-Funktionalität entscheiden wird?

Christian Wendler: Wir sehen einen sehr starken Trend in diese Richtung, gerade wenn man über Industrie 4.0 und dezentrale, intelligente sowie flexible Systeme spricht. In diese Richtung agiert Lenze schon lange und ist auch schon lange in der Lage, dafür passende Antriebslösungen zu liefern. Wir bieten ganzheitliche Modularität und das bedeutet mehr als nur eine modulare Plattform auf Hardware-Seite: Echte Modularität und Varianz entsteht über die Software. Deshalb nutzen unsere FAST-Bausteine auch entsprechende Software-Funktionalität. Sie muss heute zwei Punkte abdecken: Zum einen kommende Ansprüche hinsichtlich Variabilität und Flexibilität erfüllen und zum anderen den Engineering-Prozess vereinfachen. Wir befassen uns schon lange mit diesen Aspekten und wollen sie auch weiterhin vorantreiben.

Sie sprachen gerade das Engineering an – ein Punkt, bei dem der Kunde zunehmend Unterstützung erwartet. Lenze hat mit den FAST-Bausteinen und dem 3-5-7-Ansatz auch dieses Thema in den vergangenen Jahren entsprechend auf dem Markt und auf Messen getrieben. Wie geht es denn jetzt weiter? Wie sehen die nächsten Schritte aus?

Wendler: Unserer Kernphilosophie folgend wollen wir Kunden in die Lage zu versetzen, moderne Antriebs- und Steuerungstechnik in kürzester Zeit in Betrieb zu nehmen – egal ob Maschinenbauer oder Endkunde. Aus diesem Anspruch heraus haben wir über die vergangenen Jahre unsere FAST-Toolbox konsequent weiterentwickelt. So kann der Kunde heute komplexe Maschinenkonfigurationen relativ schnell zusammensetzen und in Betrieb nehmen. Ein Beispiel, das wir gerne nennen: Mit FAST ist man in der Lage in nur sieben Minuten eine komplette Pick&Place- oder Robotik-Anwendung zu konfigurieren. Das zeigen wir live auf jeder Messe. Wir geben dem Kunden mit diesen Tools also eine besondere Hilfestellung. Natürlich kann er Engineering, Konfigurierung und Inbetriebnahme aber auch komplett eigenständig lösen. Will er das nicht, bekommt er bei Lenze sogar spezifische Inbetriebnahme- und Engineering-Leistungen, von einzelnen Applikationen bis zu kompletten Anlagen. Das mündet in eine Philosophie, die ich als skalierbare Applikationsunterstützung bezeichne – und die beherrschen nur ganz wenige Wettbewerber. Tools und deren Funktionalität mit einer tatsächlichen Consulting-Leistung zu kombinieren, bei diesem Punkt haben wir einen großen Vorsprung.

In wie weit nehmen Ihre Kunden das Angebot an?

Wendler: Es stellen sich zwei divergierende Trends dar: Es gibt Kunden, die heute mit relativ wenig Entwicklungsressourcen dennoch komplexe und hochwertige Maschinen bauen. Sie bedienen sich tatsächlich unserer Hilfestellung bei Engineering und beim Inbetriebnehmen und realisieren auf diese Weise eine gute Time-to-Market. Aber es gibt genauso Kunden, die das Engineering nach wie vor aus eigener Kraft treiben, und dabei unsere Tools verwenden, um Zeit und Aufwand zu reduzieren. Für beide Herangehensweisen spielt die Verkürzung der Entwicklungszeit eine wichtige Rolle. Schneller neue Maschinen oder mehr Varianten auf den Markt zu bringen, ist schließlich ein echter Kostenvorteil.

Die FAST-Bausteine bedeuten also Mehrwert für den Maschinenbauer, den er an Endkunden weiterreichen kann?

Wendler: Richtig. Aber nicht nur das. Wir sprechen ja heute viel über Modernisierung, Nachrüstung und Leistungssteigerung. Das FAST-Konzept gibt dem Maschinenbauer auch dabei die richtigen Argumente an die Hand, denn der Nutzen für den Endkunden liegt in erster Linie darin, mit FAST schnell auf den ‚Fertig-Knopf‘ drücken zu können. Darüber hinaus kann er aber auch sicher davon ausgehen, dass die Maschine reibungslos und verlässlich funktioniert. Daran wird dem Endkunden gelegen sein.

Lenze teilt die Antriebsskala von der klassischen Förderanwendung bis zu komplexer Motion Control und der Synchronisierung vieler Achsen in die Bereiche Base-Line, State-Line und High-Line. Wie bewerten Sie deren jeweiligen Stellenwert in Ihrem Haus?

Wendler: Lenze hat über viele Jahre das Thema Automation gefördert. Entsprechende Servo- und Multiachssysteme haben sich über die Jahre hervorragend entwickelt, gerade in dezentralen Anwendungen. Mit den State-Line-Produkten decken wir zunehmend Bedürfnisse ab, die um den Kernprozess herum liegen, z.B. Zu- und Abführprozesse. Dort sind wir auch mit unserem neuen Umrichter i500 hervorragend positioniert. Selbst eine mechatronische Lösung für Transportanwendungen wie der Lenze Smart-Motor ist längst kein einfaches Produkt mehr, sondern High-Tec für einen ganz speziellen Anwendungsfall. Wir erwarten also in allen drei Bereichen ein gutes Wachstum und wollen überall stark sein, was man an unserem Portfolio ablesen kann. Die Platzierung der Getriebebaureihe g500 oder des Inverters i500 belegt, dass sich auch in den unteren Bereichen wettbewerbsfähige Produkte bauen und vertreiben lassen.

Das klingt so, als denken Sie heute eher in Disziplinen?

Wendler: Ja, wir denken längst nicht mehr in Einzelkomponenten. Dem entsprechend differenziert sich Lenze nicht über einzelne Geräte. Der Wert für den Kunden entsteht in der Anwendung und die ist meist als abgestimmtes Antriebspaket zu betrachten.

Wie geht es weiter im Hause Lenze? Bitte geben Sie abschließend einen Ausblick, Herr Wendler.

Wendler: Lenze – das sind die Leute, die Industrie 4.0 in Bewegung bringen. Dieses Selbstverständnis kommt nicht nur aus 70 Jahren Erfahrung in der Bewegung, sondern auch aus unserem Know-how bei Automatisierung und Software-Integration. Betrachtet man die historische Entwicklung, ist unser Portfolio schon vor vielen Jahren in diese Richtung geschneidert worden. Dass sich heute das Thema Industrie 4.0 als idealer Sammelbegriff dafür ergibt und damit sehr kongruent in der Philosophie der Firma Lenze ist, das ist für uns ein wunderbarer Umstand.

Vielen Dank für das Gespräch.

Zitate:

„Mit unserer FAST-Toolbox kann der Kunden heute auch komplexe Maschinenkonfiguration relativ schnell zusammen zu setzen und in Betrieb nehmen.“ Christian Wendler, Lenze

„Wir denken längst nicht mehr in Einzelkomponenten – der Wert für den Kunden entsteht in der Anwendung und die ist als abgestimmtes Antriebspaket zu betrachten.“ Christian Wendler, Lenze