Big Data: Trend oder Hype

Welche Rolle spielt die Messtechnik bei Industrie 4.0?

Big Data: Trend oder Hype

Alle Welt redet über die Möglichkeiten von Industrie 4.0, aber welche Rolle spielt dabei die Messtechnik und ist dort bereits ein Effekt zu spüren? Das SPS-MAGAZIN sprach darüber mit Dipl.-Ing. Frank Ringsdorf, Vorstand Technik/Vertriebsleiter bei der Delphin Technology AG.
Alle Welt redet von Industrie 4.0. Ist dieses Thema inzwischen auch bei den Messtechnik-Anwendern angekommen?

Frank Ringsdorf: Die Antwort muss zwischen den unterschiedlichen Anwenderkreisen getrennt betrachtet werden. Es gibt die klassische Messtechnikanwendung, die abgeschlossen und quasi als Insellösung anzusehen ist. Die Kommunikation mit Drittsystemen ist hier nur von untergeordneter Rolle. Für diese Anwendungen sind die Grundgedanken von Industrie 4.0 meiner Meinung nach nicht so bedeutend. Ganz anders sieht das bei Anwendungen mit vielen Kommunikationsschnittstellen aus, z.B. die Bereiche End-of-Line-Prüfungen in industriellen Prüfprozessen oder Monitoringsysteme für verfahrenstechnische Prozesse. In diesen Anwendungen ist das Potential für die Umsetzung von Industrie 4.0 besonders hoch. Die horizontale Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Systemen auf Feldebene ist zwingend und barrierefrei notwendig. Einheitliche Kommunikationsstandards helfen bei der Umsetzung dieser Anforderungen. Die vertikale Kommunikation vom Sensor zum Human Machine Interface (HMI) verändert sich ebenfalls. Der Anwender erteilt über sein HMI in Richtung Feld komplexere Aufträge oder Befehle, als dies bisher der Fall war. Smarte Feldgeräte und Sensoren erledigen unabhängig und selbstständig die Aufgaben. Die Ergebnisse werden standardisiert aus dem Feld zurück gemeldet.

Welche Möglichkeiten bietet die Messtechnik, damit Industrie 4.0 bereits heute in den Anlagen umgesetzt werden kann?

Ringsdorf: Moderne Sensorik verfügt oft bereits über smarte Funktionen. Messwerte können direkt digital über Bussysteme übertragen werden. Sensoren können ihre Konfiguration autark abspeichern. Standards wie TEDS oder HART zeigen dazu die realen Produkte. Die smarten Funktionen bieten für Anwender, die z.B. Sensoren häufiger austauschen oder mit unterschiedlicher Messwerterfassungs-Hardware nutzen, echte Vorteile. Vermutlich werden die konventionellen Feldbusse wie Profibus oder Modbus weiterhin benötigt, jedoch gehen wir davon aus, dass z.B. OPC UA eine echte Alternative für viele Anwendungen darstellt.

Welche Produkte haben Sie hierfür im Portfolio?

Ringsdorf: Die Expert-Serie, bestehend aus den Geräten Logger, Vibro und Transient, verfügt demnächst über eine geräteinterne OPC-UA-Schnittstelle. Weiterhin werden von den Geräten viele Feldbussysteme unterstützt. Eine geräteinterne XML-Schnittstelle bedient Webanwendungen mit Online-Messwerten. Über ein Webinterface stehen die Online-Daten, aber auch die historischen Daten zur Verfügung. Anwender können also auf unsere standardisierte ProfiSignal-Software zurückgreifen oder sich eine beliebige Webanwendung selber erstellen.

Bekommen Sie durch Industrie 4.0 zukünftig andere Ansprechpartner in den Firmen oder die gleichen wie bisher?

Ringsdorf: Industrie 4.0 ist längst ein bekannter Begriff geworden. Die meisten Anwender haben sich mit dem Thema bereits intensiv auseinander gesetzt oder sind dabei. Es ist wie so oft bei der Einführung von neuen Technologien oder Standards. Hier muss einfach jeder bereitwillig mitziehen und die neuen Anforderungen und Technologien annehmen. Wer das nicht tut, bleibt zurück. Üblicherweise ändern sich mit den neuen Technologien die Organisationsstrukturen in den Unternehmen und somit gibt es auch neue Ansprechpartner. Diese kümmern sich beispielsweise ausschließlich um die Umsetzung und Anwendung von Industrie 4.0.

Alle Welt redet von Big Data: Trend oder Hype?

Ringsdorf: Ich sehe in Big Data weitaus mehr als nur einen Trend. Die Analyse von Daten und die Generierung von Nutzinformationen aus den vorhandenen Daten ist eine bedeutende Entwicklung. Die Erkennung von Mustern und die Korrelation der Daten mit- oder untereinander wird dazu führen, dass deutlich smartere Methoden gefunden werden, um Anlagen- und Maschinenzustände treffsicher zu bestimmen und zu analysieren. Meiner Meinung nach wird sich niemand dem Einfluss von Big-Data-Anwendungen entziehen können. Die Messtechnik wird von Big Data sehr profitieren und eine neue Messtechnik-Generation wird den Markt erobern.