Flexible Implementierung und geringer Jitter

Flexible Implementierung
und geringer Jitter

Da die im ersten Teil der Artikelserie vorgestellten herkömmlichen Implementierungsansätze für ein Industrial-Ethernet-Feldgerät Nachteile aufweisen, ist es sinnvoll, nach Alternativen zu suchen. Die Verwendung von FPGAs bietet eine Reihe von Vorteilen. Dieser Lösungsansatz wird in diesem zweiten und dem noch folgenden letzten Teil näher vorgestellt.
Ein FPGA (Field Programmable Gate Array) ist ein elektronisches Bauelement, das nach der Herstellung programmiert werden kann. Dazu ist der FPGA aus Logikelementen aufgebaut, die einerseits eine direkte Implementierung der entsprechenden Funktionalität ermöglichen und andererseits auch das Laden von IP-Cores mit fertiger Funktionalität unterstützen. Um die komplette Funktionalität des FPGAs zur Verfügung zu stellen können diese IP-Cores miteinander verbunden werden. IP-Cores sind von verschiedenen Bezugsquellen erhältlich, z.B. von FPGA-Herstellern oder diversen Dienstleistungsanbietern. Außerdem können sie auch individuell für besondere Anforderungen entwickelt werden. Mithilfe der einzeln verfügbaren IP-Cores kann eine aufeinander abgestimmte Hard- und Software in einen FPGA geladen und so die gewünschte Funktionalität realisiert werden. So bieten FPGAs eine neue, bei anderen Elektronikkomponenten bislang unerreichte Flexibilität. Für die Implementierung eines Feldgeräts wird ein Hardware-Teil (Ethernet-Echtzeitzugriff) mit einem Software-Teil (Protokoll-Stack) im Industrial Ethernet-Subsystem zusammengefasst und auf einem FPGA vereint. Eine zentrale Komponente des Industrial Ethernet-Subsystems ist der Ethernet-Echtzeitzugriff. Dieser wird als FPGA-IP-Core implementiert und stellt eine Funktionalität bereit, die mit der einer spezifischen Ethernet-Hardware-Komponente vergleichbar ist. Er ist für den Zugriff auf das Industrial-Ethernet-Netz verantwortlich, setzt den seriellen Datenstrom in einzelne Telegramme um und überwacht die Einhaltung der Industrial Ethernet-Anforderungen an die zeitliche Verarbeitung. Die Vorteile dieses Implementierungsansatzes zeigt die folgende Tabelle:

Unterstützung verschiedener Implementierungs-architekturen

Aufgrund ihrer Flexibilität und Skalierbarkeit ermöglichen FPGAs unterschiedliche Ansätze bei der Implementierung von Industrial Ethernet-Feldgeräten, die alle dieselbe Kommunikationsanbindung verwenden und die Vorteile der modularen FPGA-Architektur nutzen. Somit kann eine für die vorhandenen Feldgeräte-Ressourcen (wie beispielsweise eingesetzte Mikroprozessoren, Peripheriekomponenten und Speicher) geeignete Implementierungsstruktur ausgewählt werden. Der flexibelste Implementierungsansatz, der auch für komplexe Feldgeräteanwendungen geeignet ist, nutzt im FPGA zwei Prozessoren. Während ein Prozessor die Ausführung des Kommunikationsprotokolls übernimmt, läuft auf dem zweiten Prozessor die Geräteanwendung, mit der beispielsweise Messalgorithmen ausgeführt, I/O-Daten verarbeitet oder Antriebe gesteuert werden. Für diesen Prozessor kann der Feldgerätehersteller die Umgebung, in der er laufen soll, frei auswählen, sodass Hersteller die vorhandenen Implementierungen größtenteils weiternutzen können. Die beiden Prozessoren tauschen Informationen über ein Dual-Port-RAM und die Anwendungsprogrammierschnittstelle aus. Dieser Implementierungsansatz ermöglicht eine optimale Lastverteilung, entkoppelt das Kommunikationsprotokoll von der Geräteanwendung und vermeidet gegenseitige Störungen bei der Ressourcennutzung. Bei Bedarf kann über zusätzliche IP-Cores weitere Funktionalität in den FPGA integriert werden, z.B. für den Zugriff auf externe Peripheriekomponenten oder die Einbindung spezieller Algorithmen. Bei einem zweiten Implementierungsansatz befindet sich die Geräteanwendung auf demselben FPGA-Prozessor wie das Kommunikationsprotokoll. Solche Konfigurationen werden in der Regel für weniger komplexe Feldgeräte verwendet. In diesem Fall wird für den Informationsaustausch kein Dual-Port-Speicher benötigt, weil die beiden Komponenten enger aneinander gekoppelt sind als bei der ersten Implementierungsstruktur. Bei einer weiteren Implementierungsmöglichkeit wird der FPGA nur als Kommunikationsprozessor verwendet; für die Geräteanwendung kommt ein separater Mikroprozessor außerhalb des FPGAs zum Einsatz. Dieser Ansatz empfiehlt sich, wenn bereits umfassende Anwendungs-Software auf einem externen Prozessor eingesetzt wird und es nicht notwendig ist, diese in den FPGA zu integrieren. In diesem Fall gibt es verschiedene Möglichkeiten für den Austausch von Informationen zwischen dem Kommunikationsprotokoll und der Geräteanwendung – über Dual-Port-Speicher mit unterschiedlichen Größen oder durch Verwendung eines Standard-Bussystems wie Modbus RTU oder über Standard-Hardware-Protokolle (z.B. SPI) mit proprietärer Kommunikationstechnik.

Höhere Leistungsfähigkeit

Die kürzest mögliche Zykluszeit, die bei einer Industrial-Ethernet-Implementierung erreichbar ist, legt fest, wie schnell Eingangs- und Ausgangsdaten zwischen den miteinander kommunizierenden Geräten ausgetauscht werden können. Daher gilt diese Eigenschaft oft als wichtige Leistungskennzahl für Industrial Ethernet-Implementierungen, mit der unterschiedliche Kommunikationssysteme miteinander verglichen werden können. Da dieser Wert jedoch am Kommunikationsmedium gemessen wird, erlaubt er nicht notwendigerweise die Bestimmung der unterstützten Leistung für den Zugriff auf Eingangs- und Ausgangsdaten auf Anwendungsebene. Hier muss auch die Verzögerung, die vom implementierten Mechanismus bei der Übertragung von Daten zwischen dem Kommunikationsmedium und der Anwendung verursacht wird, in Betracht gezogen werden. Im Allgemeinen kann eine Industrial-Ethernet-Implementierung in den folgenden Bereichen auch Latenzzeiten verursachen:

  • • Verzögerungen bei der PHY-Komponente
  • • Verzögerungen bei der Ethernet-Schnittstelle (z.B. MAC, Switch, usw.)
  • • Verzögerungen beim Industrial Ethernet-Protokoll-Stack
  • • Durch die Implementierung verursachte Verzögerungen bei der Schnittstelle zwischen dem Protokoll und der Anwendungs-Software
  • • Verzögerungen innerhalb der Anwendungsimplementierung

Bei der Analyse der unterschiedlichen Verzögerungen einer Industrial-Ethernet-Implementierung lässt sich feststellen, dass der Großteil der Gesamtverzögerung innerhalb eines Feldgeräts mit dem Protokoll-Stack zusammenhängt. Folglich ergibt sich bei dieser Komponente das größte Optimierungspotenzial. Die Implementierung eines konfigurierbaren DMA-Kanals für Eingangs- und Ausgangsdaten ist der Schlüssel zu einer deutlichen Performance-Steigerung. Bei diesem Ansatz wird der DMA-Kanal für den direkten Datenaustausch zwischen Quellen und Verbrauchern von I/O-Daten genutzt, wobei die Protokoll-Software umgangen wird. Diese Lösung ermöglicht den direkten Datenaustausch zwischen dem jeweiligen Industrial Ethernet-IP-Core (z.B. einem Switch oder Ethercat Slave-Controller) und dem Dual-Port-Speicher bzw. dem IP-Core der Anwendung. Die folgende Tabelle zeigt die zwischen dem Industrial Ethernet-IP-Core und der Anwendungsschnittstelle gemessene Verzögerung für die Protokolle Profinet und Ethercat. Bei genauerer Betrachtung der Daten lässt sich feststellen, dass die Verzögerung durch Verwendung eines DMA-Kanals mindestens um den Faktor 15 verringert werden kann. Außerdem zeigt sich, dass der damit verbundene Jitter vollständig verschwunden ist. Somit ermöglicht die Implementierung eines DMA-Kanals einen Austausch von neuen Eingangs- und Ausgangsdaten in jedem Zyklus mit Zykluszeiten, die bei nur noch 50µs liegen. Der noch folgende letzte Teil 3 der Artikelserie schließt die Diskussion des Einsatzes von FPGAs für die Implementierung von Industrial-Ethernet-Geräten ab. n Tipp: Whitepaper ‚Industrial Ethernet flexibel implementieren mit FPGA‘

In einem Whitepaper zum Thema ‚Industrial Ethernet flexibel implementieren mit FPGA‘ bietet Softing einen detaillierten Überblick über die Aspekte, die bei der Implementierung eines Industrial-Ethernet-Feldgeräts auf der Basis von FPGAs zu beachten sind, und analysiert die Vorteile dieser Lösung im Vergleich zu herkömmlichen Ansätzen. Außerdem werden die Aspekte angesprochen, die hinsichtlich der Verwendung von FPGAs bei der Implementierung individueller Industrial-Ethernet-Protokolle relevant sind. Das detaillierte Whitepaper steht kostenlos zum Download auf http://industrial.softing.com/ zur Verfügung.

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