Elektrische Antriebe für Werkzeugwechselsysteme am Roboter

Wechsel ohne Pneumatik

Mit den Werkzeugwechselsystemen der TKX-Serie lassen sich Roboter flexibel nutzen.
Mit den Werkzeugwechselsystemen der TKX-Serie lassen sich Roboter flexibel nutzen.Bild: IPR

Mit den Werkzeugwechselsystemen der TKX-Serie will IPR der robotischen Automation neue Möglichkeiten erschließen, indem sich Roboter flexibler nutzen lassen. Dazu wird ein Adapter am Ende des Roboterarms befestigt, der dann verschiedene Werkzeuge aus einem Magazin aufnimmt. Der gleiche Roboter kann so z.B. ein Werkstück zunächst greifen und positionieren, es dann bearbeiten und schließlich mit einem Konturtaster oder einer Kamera die Qualität prüfen und dokumentieren. Dafür bietet der Adapter Durchführungen für die entsprechenden Werkzeugfunktionen sowie mehrere seitliche Anschraubflächen für Zusatzmodule. Die Hauptaufgabe des Adapters ist jedoch, das Werkzeug nach der Aufnahme schnell und prozesssicher zu verriegeln und beim Ablegen nach Gebrauch die Verriegelung wieder zu lösen.

Verschiedene Antriebslösungen

Traditionell wird diese Aufgabe pneumatisch erledigt. Die Drucklufttechnik hat sich über Jahrzehnte bewährt und ist auch für die Handhabung sehr schwerer Objekte gut geeignet. Ein Pneumatiksystem braucht allerdings Kompressoren, Leitungen und eine eigene Steuerung. Bei Neuinstallation kommt somit eine hohe Investition zusammen. In Branchen mit erhöhten Anforderungen an Sauberkeit und Hygiene, wie Mikroelektronik oder Lebensmittel, ist Pneumatik wegen der Kontaminationsgefahr aufgrund austretender Druckluft oft nicht möglich; im Reinraum z.B. ist sie tabu. Immer häufiger fällt die Wahl deshalb nicht auf pneumatische Antriebe, sondern auf elektrische.

Roman Batz, Entwicklungsingenieur bei IPR, erklärt: „Neben der hygienischen Unbedenklichkeit ist es vor allem die Flexibilität im Einsatz, die für Elektromotoren spricht. Im Gegensatz zu einem Druckluftanschluss ist eine Steckdose praktisch überall zu finden. Bei neuen Industrieanlagen verzichtet man heute oft auf die Einrichtung eines Pneumatiksystems. Für Cobots und kleinere Roboter sowie für dezentrale Einsatzorte ist die elektrische Variante ohnehin fast immer die bessere Lösung.“ Dass der elektrische Antrieb heute eine echte Alternative zur Pneumatik darstellt, hat auch mit der Motortechnik zu tun. „Da hat es in den letzten Jahren große Fortschritte gegeben. In unseren Anwendungen brauchen wir grundsätzlich sehr viel Leistung bei sehr kleinen Abmessungen. Bei Faulhaber finden wir Motoren, die mit pneumatischen Antrieben locker mithalten können“, ergänzt Batz.

Dabei müssen die Kleinmotoren Beachtliches leisten: Der derzeit stärkste elektrische Werkzeugwechsler, der TKE 300, ist für das Handling von Objekten bis 300kg Gewicht geeignet. Er wird z.B. in der Metallverarbeitung eingesetzt, wenn Roboter mit Gussblöcken oder großen Schmiedeteilen hantieren. Dann wirkt die gesamte Masse mit ihrer Zugkraft auf den Verriegelungsring im Wechsler. Für das sichere Halten würde hier eigentlich schon das Drehmoment ausreichen, das der Motor im Standbetrieb liefert. IPR hat hier jedoch zusätzlich eine selbstentwickelte Kinematik eingebaut, um eine besonders zuverlässige und spielfreie Fixierung zu gewährleisten.

Viel Leistung auf kleinem Raum

Die Antriebskraft für das Öffnen, Schließen und Halten liefert ein bürstenloser Motor der Faulhaber-Familie BXT. Die Motoren wurden auf Basis der klassischen Außenläuferbauweise entwickelt. Mithilfe von Wicklungstechnik und Auslegung liefern die bürstenlosen DC-Servomotoren Drehmomente bis 134mNm bei einem Durchmesser von 22, 32 bzw. 42mm und liefern bei hohem Wirkungsgrad eine Dauerleistung bis 100W. Damit übertreffen die kompakten Motoren die in dieser Antriebsklasse normalerweise üblichen Standards. Vor allem das Verhältnis von Drehmoment zu Bauraum und zu Gewicht ist wesentlich besser als der Marktstandard. Durch den hohen Kupferfüllfaktor und die Auslegung der Polschuhe ist das Magnetfeld stark und das Rastmoment sehr klein.

Diese Leistungsdichte gehört zu den Voraussetzungen für das Alleinstellungsmerkmal der neuen Produktfamilie von IPR, das Batz so beschreibt: „Mit der TKX-Reihe kommen die ersten Werkzeugwechsler auf den Markt, die auf derselben Plattform sowohl mit pneumatischem als auch mit elektrischem Antrieb zur Verfügung stehen. Eine manuelle Version gehört auch zur Produktfamilie. Das heißt, das gesamte Zubehörportfolio kann mit allen Antriebsarten genutzt werden. Auch ein Umstieg auf den elektrischen Betrieb erfordert keinen großen Aufwand.“

Elektrische Werkzeugwechsler in sieben Baugrößen

Die elektrischen Werkzeugwechsler wird es in sieben Baugrößen geben für die Handhabung von Werkstücken von 3 bis 300kg. Das deckt einen großen Einsatzbereich ab, angefangen bei Leichtbaurobotern bis hin zu stationären Applikationen. „Die Bandbreite der Baugrößen bei den BXT-Motoren sowie die große Auswahl an passenden Getrieben für die jeweils passende Untersetzung war für uns ein wichtiges Kriterium“, erläutert Batz. „Hinzu kommt die Zuverlässigkeit. Roboter sollen siebenstellige Zykluszahlen ohne Wartung schaffen. Deshalb kommen nur bürstenlose Motoren in hoher Fertigungsqualität in Frage. Sie müssen zudem einfach zu regeln sein und ohne zusätzliche Steuerung auskommen. Dafür sorgt der integrierte Speed Controller. Nicht zuletzt müssen die Komponenten Temperaturen bis +80C° vertragen.“ n@Bildcredit:Bild: IPR


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