Digitaler Zwilling und Predictive Maintenance

Mit mehr als Antriebsthemen punkten

 Markus Weishaar, 
Director IIoT and Services 
bei Dunkermotoren
Markus Weishaar, Director IIoT and Services bei DunkermotorenBild: Dunkermotoren GmbH

Herr Weishaar, Sie entwickeln digitale Services für die smarten Motoren von Dunkermotoren. Geben Sie uns einen Einblick in die Arbeit von Nexofox.

Markus Weishaar: Unter dem Dach von Nexofox befassen wir uns im Grunde mit allen Themen, die über den eigentlichen Antrieb hinausgehen. Das beginnt bei klassischen Services wie Schulungen oder Inbetriebnahmen, geht über die Programmierung von MotionCodes, also Steuerungsprogrammen direkt auf unseren Antrieben, bis hin zu digitalen Services. In diesem Bereich ist natürlich viel Dynamik. Die letzten Jahre war hier ein großer Fokus auf der Vernetzung und der Datenerfassung, während wir aktuell intensiv daran arbeiten, digitale Zwillinge in Form von Verwaltungsschalen bereitzustellen und Predictive Maintenance an den Markt zu bringen. Spannend an unseren digitalen Produkten und Services ist sicherlich auch, dass diese nicht ausschließlich für Dunkermotoren zur Verfügung stehen, sondern auch für Motoren anderer Hersteller. Kommt beispielsweise unser Controller BGE 5510 dPro mit einem anderen Motor zum Einsatz, stehen sämtliche Funktionalitäten wie MotionCode, NexoLink oder Smart Diagnostics auch dafür zur Verfügung.

Auf der SPS-Messe stellen Sie die Erweiterung von Smart Diagnostics vor. Warum sollten Anwender von Dunkermotoren das Tool einsetzen und welchen Nutzen bietet es?

Wir haben erkannt, dass nicht immer oder zumindest nicht permanent das volle Spektrum bis in die Cloud benötigt wird. Aus diesem Grund haben wir das Produkt Smart Diagnostics aufgetrennt – in NexoLink und Smart Diagnostics. NexoLink bietet hierbei erst einmal eine einfache Möglichkeit, unsere Regler und Antriebe in jede IIoT oder EDGE-Umgebung einzubinden – und das mit standardisierten Technologien wie OPC UA, MQTT und Docker. Smart Diagnostics als neues Add-on ist nun ein Modul, das darauf aufsetzt und on-demand aktiviert werden kann, um gezielt das Verhalten einzelner Antriebe zu analysieren und zu diagnostizieren. Das ist aber noch nicht alles. Die neue Struktur ermöglicht es uns, weitere Module wie Predictive Maintenance oder auch die Datenintegration in Asset Administration Shells, kurz AAS, einfach an NexoLink anzudocken.

Das Ganze bietet für unsere Kunden den Vorteil, dass sie individuell auf sie zugeschnittene Angebote bekommen können. So bezahlen sie nur das, was sie benötigen, beziehungsweise bei on-demand Services nur dann, wenn sie es benötigen. Im einfachsten Fall können sie NexoLink per einmaliger Lizenz erwerben und so unsere Motoren selbst in ihr eigenes IIoT-Ökosystem integrieren. Auf dieser Basis ist es dann immer möglich, die weiteren Module permanent oder on-demand dazu zunehmen – so wie es gerade benötigt oder gewünscht wird.

Welche Möglichkeiten in Bezug auf Predictive Maintenance bietet Smart Diagnostics?

Um ehrlich zu sein keine. Predictive Maintenance ist ein komplett eigenständiges Modul. Bei Smart Diagnostics liegt der Fokus auf der gezielten sowie der Langzeitdatenerfassung und der unterstützten Analyse der Daten durch den Menschen. Predictive Maintenance stellt die automatische Überwachung des gesamten Antriebsstrangs dar, die im Vorfeld von Ausfällen eine Warnung absetzt. Das spezielle an unserer Lösung ist hierbei, dass wir im Gegensatz zu vielen anderen Ansätzen ohne zusätzliche Sensorik auskommen und unsere Antriebe als Sensorik zur Diagnose des Antriebsstrangs einsetzen. Dabei liegt der Fokus vor allem auf dem Verschleiß der an den Motor angeschlossenen Mechanik. Zum einen lassen sich so die normalen schleichenden Verschleißeffekte detektieren, mit dem Ziel die mechanische Lebensdauer möglichst auszureizen. Zum anderen stehen aber auch plötzlich auftretende Effekte im Fokus, die bei Nichtbeachtung Defekte an anderer Stelle zur Folge hätten.

Uns ist bewusst, dass eine exakte Detektion der Fehlerbilder, wie zum Beispiel die genaue Identifikation des verschlissenen Lagers, nur in Zusammenarbeit mit unseren Kunden möglich wird, die den Aufbau ihrer Maschine kennen und die Fehlerbilder klassifizieren können. Aber wir können im ersten Schritt einen Detektor für Auffälligkeiten liefern. Machen Sie sich gerne an der SPS in Nürnberg selbst ein Bild vom aktuellen Stand der Entwicklung.

Wie heben Sie sich von bestehenden Lösungen ab?

Wie schon erwähnt, heben wir uns z.B. bei unserer Predictive-Maintenance-Lösung in der Form von anderen ab, dass wir nicht einfach einen zusätzlichen Vibrationssensor im Motor verbauen, sondern auf der bestehenden Hardware aufsetzen. Im Allgemeinen unterscheiden wir uns dahingehend, dass wir kein Softwareunternehmen sind, welches jegliche Art der Lösung anbietet, sondern dass wir Lösungen zugeschnitten für die Antriebstechnik und die Regler von Dunkermotoren entwickeln. Hier liegt unser Kern-Knowhow und natürlich fühlen wir uns auch in der Anbindung anderer Antriebe wohl, alles darüber hinaus sehen wir aber nicht unbedingt als unser Spielfeld an.

Welche Entwicklung sehen Sie für die Zukunft?

Aktuell sehe ich einen sehr starken Trend im Markt hin zur Produktdatenbereitstellung über die Verwaltungsschale. Hier sehe ich auch für die Zukunft die Basis, um die Themen zusammenzubringen. Ich denke, dass zukünftig auch ein Predictive-Maintenance-Service einfach an eine Verwaltungsschale angebunden werden kann. Ich stelle mir folgendes Szenario vor: Bei der Auslieferung wird eine Instanz der Verwaltungsschale, AAS, an den Kunden übergeben. In der Kundenumgebung werden die während des Betriebs anfallenden Live-Daten des Motors abgelegt. Möchte der Kunde dann unseren Predictive-Maintenance-Service nutzen, kann er diesen bei uns über die AAS hinzu buchen. In diesem Fall werden die beiden Instanzen der Verwaltungsschale, die bei uns und die bei unserem Kunden miteinander synchronisiert. Entweder werden die Daten dann on-demand temporär vom Service genutzt oder wir als Komponentenhersteller kaufen im Gegenzug die Live-Daten für die Analyse unserer Motoren von unserem Kunden zurück. In jedem Fall würde so eine geschlossene Transaktion entstehen. Das Thema der Datenhoheit wäre auch klar geregelt, da es ein willentlicher Akt wäre, die Daten zu verkaufen oder gegen einen klar benannten Mehrwert zur Verfügung zu stellen. Ob die Ansätze dann exakt so aussehen, wird sich zeigen. Gedanklich zeigen im Moment sehr viele Indikatoren in diese Richtung.