Achterbahn unter der Lupe

Messung der Systembeanspruchung von Achterbahnzügen

Achterbahn unter der Lupe

Fühlbare Beschleunigung, g-Kräfte, die in die Sitze drücken, Kurvenlagen, die am Körper zerren – Achterbahnfahren ist Adrenalin-Kick und Genuss. Konstrukteure der oft als Unikate entwickelten Spaßmaschinen stehen aber vor der Herausforderung, den Fahrgästen größtmögliche Sicherheit zu bieten und gleichzeitig eine optimal leichte Bauweise zu verwirklichen. Um bei der Planung das richtige Maß zu finden, benötigen sie detaillierte Kenntnisse über die Systembeanspruchung.
Das Fraunhofer LBF hat die Achterbahn X-Train in der chinesischen Hafenstadt Ningbo genau unter die Lupe genommen, bevor der Vergnügungspark Romon World eröffnet wurde. Das erbrachte wertvolle Daten für künftige Produktentwicklungen, um diese weiter zu optimieren und eine leichtere Bauweise zu realisieren. Die mechanischen Beanspruchungen für die Bahn sind beachtlich: Der untersuchte X-Train wird nicht klassisch per Aufzug, sondern von einem 3.000kW starken elektrischen Linearmotor angetrieben. Der beschleunigt den etwa 12t schweren Achterbahnzug aus dem Stand heraus in wenigen Sekunden auf rund 80km/h. Dieser sogenannte Mega-Coaster bietet bis zu 24 Plätze pro Zug. Er wird bis zu 130km/h schnell und erreicht die höchsten g-Kräfte in seiner Klasse. Die Achterbahn ist rund 450m lang und erreicht eine maximale Höhe von 30m. In dem chinesischen Vergnügungspark haben die Wissenschaftler den Münchener Achterbahnhersteller Maurer AG mit allen Untersuchungen und Analysen komplett aus einer Hand unterstützt und beraten. Im Vergnügungspark wurde der Achterbahnzug mit Radlastsensoren ausgerüstet. Während die Bahn im Betrieb war, ermittelte das Fraunhofer LBF die auftretenden Radkräfte und erfasste mit Hilfe von Dehnungsmessstreifen die lokalen Dehnungen. Mit den Messdaten ermittelten sie synchron die genaue Position des Zuges auf der Bahn. Darüber hinaus wurden Beschleunigungen, Geschwindigkeiten und Wege gemessen. Die Bedingungen am ´lebendigen´ Objekt stellten die Wissenschaftler vor verschiedene Herausforderungen. Sie mussten z.B. viele Messkanäle von unterschiedlichen Sensortypen zeitsynchron erfassen. Dazu nutzten sie eine batteriebetriebene mobile Datenerfassung. Gesammelt wurden sowohl Daten für die Analyse der Fahrdynamik als auch zur Bewertung der Betriebsfestigkeit. Obwohl der Linearantrieb große elektrische Störfelder verursachte, gelangen genaue Messungen. Darüber hinaus verfügt der Hersteller nun über den Nachweis der betriebsfesten Auslegung der Struktur. Da er detailliert über die Systembeanspruchung informiert ist, kann er zukünftige Achterbahnzüge weiter optimieren und eine leichtere Bauweise realisieren.