Gelbe Seiten für Industrie 4.0

Gelbe Seiten für Industrie 4.0

Mehrwertdienste für cloud-
basierte Steuerungsplattformen

Apps waren eine wesentliche Innovation bei der Einführung von Smartphones und sicherlich einer der zentralen Erfolgsfaktoren. Auf einmal hatte jeder die Möglichkeit, eigene Anwendungen für diese Geräte zu entwickeln. So wurde das Telefon zur Plattform und ließ sein ursprüngliches Anwendungsgebiet hinter sich. Das Konzept der Mehrwertdienste für cloudbasierte Steuerungsplattformen setzt genau hier an.
Das Modell der Apps macht es jedem möglich, eigene Anwendungen für Smartphones oder Tablets zu entwickeln. Nicht mehr nur die Gerätehersteller können auf den Bedarf des Marktes reagieren. Stattdessen kann sich der Anwender selbst eine Lösung für sein Problem schaffen oder von Spezialisten maßschneidern lassen. Mit diesem Konzept wurde das Telefon zur Plattform und konnte sein ursprüngliches Anwendungsgebiet weit hinter sich lassen. Das Konzept der Mehrwertdienste für cloudbasierte Steuerungsplattformen, wie im Projekt Picasso entwickelt, will genau hier ansetzen. Auf Basis einheitlicher Schnittstellen öffnen sich die Steuerungen von Maschinen und Anlagen und binden spezialisierte Zusatzdienste ein. Hierbei ist aus technischer Sicht unerheblich, ob diese Dienste am selben Standort, im gleichen Unternehmen oder auf externen Plattformen bereitgestellt werden. Entscheidend für die Standortwahl des Dienstes sind die Anforderungen an Sicherheit und Know-how-Schutz, Abrechenbarkeit, Rechenleistung, Bandbreite und Kommunikationsverzögerung. Neben der reinen Möglichkeit der eigens realisierten Anwendungen war bei mobilen Geräten noch ein zweiter Faktor erfolgsentscheidend: die App-Stores. Erst durch sie gibt es einen einheitlichen Marktplatz, auf dem Anbieter und Käufer zusammenfinden. Ein vergleichbares Konzept ist auch für Mehrwertdienste in cloudbasierten Steuerungen notwendig.

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In klassischen Produktionsnetzen sind die Kommunikationsbeziehungen von Leitsystemen, Maschinen und netzwerkfähigen Geräten statisch konfiguriert und laufen über Punkt-zu-Punkt-Verbindungen. Der Zugriff auf entstehende Daten, die nicht schon im Leitsystem erfasst werden, ist nur schwer möglich, da deren Verfügbarkeit nicht global bekannt ist. Das Konzept der Gelben Seiten für Industrie 4.0 (GESI) besteht aus einem zentralen Verzeichnis, in dem sich alle Datenquellen anmelden und so die verfügbaren Daten anbieten. Basis für diesen Verzeichnisdienst ist ein OPC UA Server. Die Datenquellen, z.B. Maschinen, Sensoren oder Mehrwertdienste, sind hierarchisch nach Unternehmen und Organisationseinheiten strukturiert aufgeführt. GESI bricht somit die statischen Verbindungen auf und ermöglicht eine – auf die Automatisierungspyramide bezogen – nicht-hierarchische Kommunikation, die aufgrund der standardisierten TCP-Kommunikation von OPC UA auch für die IT-Abteilungen ein einfaches Management ermöglicht. Durch einheitliche in GESI gepflegte Schnittstellenbeschreibungen ist die Verknüpfung von Datenquellen und Abnehmern leicht möglich. Die Festlegung der Datenpartner erfolgt dabei entweder durch den Endanwender oder auch automatisiert, indem Dienste nach passenden Quellen suchen. Eine Beschreibung der Semantik der angebotenen Daten ist vorgesehen und durch die Nutzung von OPC Companion Specifications wird ein standardisierter Austausch von Informationen ermöglicht. Neben den reinen Daten ist auch die Bekanntgabe von Kommunikationsendpunkten möglich, um Querkommunikation über individuelle Protokolle zu ermöglichen. Der Nutzen der Gelben Seiten und die Verknüpfung unterschiedlicher Dienste werden im Folgenden an konkreten Beispielen dargestellt.

Integration von Diensten in Robotersteuerungen

Kuka Industries erforscht im Rahmen des ISW-Projektes Picasso verschiedene Wege, um die Erweiterung von Robotersteuerungen mit Cloud-Funktionen zu erreichen. Innerhalb dieser Artikelserie ist bereits die Implementierung des App-Prinzips für Robotersteuerungen im SPS-MAGAZIN 9/2016 vorgestellt worden. Apps von Robotern sind dabei eher kleine und ressourcensparende Anwendungen, die aus der Cloud geladen, jedoch lokal installiert und ausgeführt werden. Im Unterschied dazu laufen Mehrwertdienste innerhalb der Cloud-Infrastruktur und belasten nicht die lokalen, beschränkten Ressourcen der Steuerung. Der Aufruf der Dienste aus einem Roboterprogramm heraus wird über GESI vermittelt. Jeder Dienst meldet dazu bestimmte Funktionspakete als definierte Schnittstellen an. Mittels vorkonfigurierter Programmiermakros in der Robotersteuerung zum Lesen, Schreiben und Abonnieren (asynchrone Rückmeldung von geänderten Werten) von Variablen in GESI werden dem Dienst notwendige Konfigurationsparameter übertragen sowie Berechnungsergebnisse zurückgeliefert. Ein exemplarisches Roboterprogramm, das Systemfunktionen und Mehrwertdienste kombiniert, ist in Bild 2 dargestellt. Zunächst wird in den Gelben Seiten eine verfügbare Instanz des Dienstes gesucht (1), die anschließend für die Verwendung initialisiert wird (2). Nachdem die eigentliche Funktionalität des Dienstes gestartet ist (3), können zu einem späteren Zeitpunkt die Ergebnisse abgeholt werden (4). Dem Roboterprogramm ist dabei kaum anzusehen, dass es auch ausgelagerte, cloudbasierte Funktionen enthält. Von den Projektpartnern Kuka und Fraunhofer IPK wurde im Forschungsprojekt hierzu eine lauffähige Demonstrationsanlage entwickelt, um eine Pick&Place-Positionierungsaufgabe zu lösen. Werkstücke werden auf einem Fließband zum Roboter transportiert und sind zu palettieren. Die Erkennung von Position und Lage der Werkstücke sowie die Berechnung der Ablageposition werden von zwei Mehrwertdiensten durchgeführt. Durch diesen Ansatz können die bei nicht uniformen Teilen komplexen und aufwendigen Aufgaben der Objekterkennung und der Bestimmung der bestmöglichen Ablageposition in die Cloud-Infrastruktur ausgelagert werden. Der Aufbau ist beispielhaft für ein verteiltes System, da phasenweise beide Mehrwertdienste sowie die Bewegungssteuerung des Roboters parallel aktiv sind.


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