Keine falschen Identitäten

Keine falschen Identitäten

Automatisches messdatenbasiertes Tracking von Coils

Die Herstellung von Flachprodukten ist ein aus mehreren Schritten bestehender Prozess. Die einzelnen Prozessschritte sind aber meist nicht direkt miteinander verbunden, sondern über Lager und Transportwege entkoppelt. Werden die Coils dem nächsten Prozessschritt zugeführt, besteht die Gefahr der Verwechslung. Um dies auszuschließen, wurde ein messdatenbasiertes Verfahren entwickelt, das Coils anhand ihrer geometrischen Eigenschaften (Dicke, Breite) eindeutig identifiziert. Eine Software erkennt die Verwechslungen automatisch und meldet diese, so dass geeignete Maßnahmen eingeleitet werden können.
Bei der Herstellung von Flachprodukten, wie z.B. warm- oder kaltgewalztem Stahl, gebeizten, verzinkten oder beschichteten Bändern, müssen die Produkte mehrere Prozessschritte hintereinander durchlaufen. Allerdings können die einzelnen Schritte nicht direkt hintereinander ausgeführt werden, so dass die Coils nach jedem Schritt zwischengelagert werden. Um sie eindeutig zu identifizieren und das richtige Coil dem nächsten Prozessschritt zuzuführen, werden diese mit einer Nummer markiert. Bei der Markierung und Zuführung zum nächsten Prozessschritt kann es allerdings zu Fehlern kommen: So kann ein Coil z.B. durch fehlerhafte Datenvorgabe bei der Markiermaschine, falsches Timing, falsche Coil-Reihenfolge bei der Produktion falsch markiert werden, das Coil kann an einer falschen Position im Lager abgelegt werden, der Kran führt ein falsches Coil zu oder es wird zwischen zwei Prozessschritten ungeplant untersucht und umgewickelt. All dies führt dazu, dass das Coil im nächsten Prozessschritt unter ´falscher Identität´ und möglicherweise sogar fehlerhaft bearbeitet wird.

Messdatenbasierte Überwachung

Statt extern angebrachter Markierungen werden bei dem hier vorgestellten Verfahren die Eigenschaften des Coils zu seiner Identifizierung verwendet. Ähnlich einem menschlichen Fingerabdruck werden inhärente – d.h. dem Coil zugehörige – Eigenschaften genutzt, um es zu identifizieren. Untersuchungen haben ergeben, dass sich die mit Messgeräten ermittelten Geometriedaten, wie z.B. das Dicken- oder Breitenlängsprofil eines Coils, zur eindeutigen Identifizierung eignen. Es wurde ein Verfahren entwickelt, das aus Messdaten automatisch Informationen extrahiert, die dann für die automatische Überprüfung des Coil-Trackings genutzt werden. Die Software ibaDatawyzer-ICC verwendet dabei die gleichen Daten, die für Instandhaltung und Qualitätsmanagement bereits aufgezeichnet werden. Das Tracking anhand von Geometriedaten ist in Bild 1 für die Überprüfung zwischen dem Warmwalzwerk und der Beize beispielhaft dargestellt. Da im gesamten Herstellungsprozess an vielen Stellen Dicken- und Breitenmessgeräte eingesetzt werden, ist das Verfahren allgemeingültig und kann auch an anderen Abschnitten im Prozess Anwendung finden. Voraussetzung ist, dass die Coil-Geometrien jeweils am Beginn und Ende eines Prozessschrittes mit ausreichender Längenauflösung (besser als 10cm) zusammen mit der Bandlänge (oder einem Geschwindigkeitssignal) gemessen werden. Aus den gemessenen Geometriedaten werden mithilfe mathematischer Verfahren sog. Features (Maxima, Minima, Wendepunkte, etc.) extrahiert. Diese können zur eindeutigen Identifikation des Coils verwendet werden. Untersuchungen mehrerer tausend Coils von unterschiedlichsten Walzanlagen haben gezeigt, dass jedes Längsprofil eine einzigartige Ausprägung von Features hat. Da die Messdaten im Allgemeinen jedoch von verschiedenen Messgeräten unterschiedlicher Hersteller aufgezeichnet werden (z.B. radiometrische Dickenmessgeräte mit Röntgen- oder Isotopenstrahlern oder optischen Dickenmessgeräten), die zudem noch unterschiedliche Zeitkonstanten, Abtastraten und Längenauflösungen haben, müssen die Messwerte geeignet aufbereitet und vorverarbeitet werden, bevor die charakterisierenden Features extrahiert werden können. Anhand dieser ist dann die Überprüfung möglich, ob zwei gemessene Längsprofile tatsächlich von ein und demselben Coil stammen.

Bestimmung von Produktionseigenschaften

Hierzu werden übereinstimmende Matches beider Profile ermittelt und ihre Längspositionen miteinander verglichen (Bild 2). Liegen bei der bandlängenbezogenen Darstellung der Matches zweier Coils hinreichend viele Matches in einer Umgebung (Regressionsgeraden, Bild 4) vor, so ist eine Identität der beiden Coils sicher. Im Beispiel (Bild 4a) befinden sich 82 Prozent aller Features in der Umgebung der Geraden. Wenn das aufgewickelte Coil in dem direkt nachfolgenden Prozessschritt wieder abgewickelt wird und die Länge beider Coils ungefähr übereinstimmt, hat die Regressionsgerade ungefähr die Steigung -1. Kann in der Längenzuordnung der Matches keine Gerade approximiert werden, in deren Umgebung eine ausreichende Zahl von Features liegt (Bild 4b), so wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit ein falsches Coil betrachtet. In diesem Beispiel liegt eine Gerade vor, in deren Umgebung nur 14 Prozent aller Features zu finden sind. Tests haben ergeben, dass z.B. Dickenlängsprofile von Messgeräten unterschiedlicher Hersteller mit unterschiedlichen Funktionsprinzipien für das Verfahren verwendet werden können und dass zudem anhand der Messwerte noch Langzeitaussagen über die Güte der Messwerte bzw. über den Prozess möglich sind. Wird die Coil-Übereinstimmung festgestellt, so kann anhand der Steigung und des Y-Achsenabschnitts der Geraden die Längenskala der beiden Coils ausgerichtet werden (Alignment). Das Verfahren kann daher nicht nur zur Ermittlung von Coil-Verwechslungen, sondern auch zum Bestimmen weiterer Produktionseigenschaften verwendet werden. So können neben der Bestimmung der Kopf- und Fußschrottlänge sowie der Längung bzw. Stauchung des Bandes von einem zum nächsten Prozessschritt auch ungeplante Coil-Umwicklungen durch eine positive Steigung der Geraden erkannt werden.


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