Ableitströme

Ableitströme

Kompensation statt Resignation

In der modernen Automatisierungstechnik sind drehzahlverstellbare Antriebssysteme unumgänglich. Doch der Einsatz von Frequenzumrichtern birgt bei allen Vorteilen auch Risiken für die Anlagenverfügbarkeit. Ein neues Kompensationsgerät sorgt nun dafür, dass die Kombination von Frequenzumrichtern und Fehlerstrom-Schutzschalter betriebssicher möglich wird. Personen- und Brandschutzziele können somit erreicht werden, ohne der Anlagenverfügbarkeit im Wege zu stehen.
Bei Asynchron-, Servo- und Permanentmagnetmaschinen werden Frequenzumrichter zur Drehzahlverstellung eingesetzt. Deren hochdynamische Ausgangsstufen schalten hohe Gleichspannungen im Mikrosekundenbereich und können dadurch starke EMV-Störungen erzeugen. Gemäß gesetzlich vorgeschriebener Normen wie z.B. der EN61800-3 sind bestimmte Entstörmaßnahmen zu implementieren. Neben externen EMV-Maßnahmen wie z.B. abgeschirmten Motoranschlussleitungen und vorgeschalteten Netzfiltern, werden auch sogenannte interne EMV-Filter eingesetzt. Sie bestehen meist aus einem oder mehreren Kondensatoren, die vom DC-Zwischenkreis zum Schutzleiter geschaltet sind. Die Wirkung dieser Filter ist in der Regel sehr gut. Die Einhaltung der EMV-Grenzwerte ist auch bei längeren Motorleitungen gewährleistet.

Unerwünschte Auslösungen

Diese internen und externen Filtermaßnahmen haben allerdings nicht nur Vorteile. Alle kapazitiven Schutzleiteranbindungen leiten nicht nur hochfrequente Ströme gemäß der EMV-Richtlinie (z.B. 150kHz bis 1GHz) ab, sondern auch niederfrequente (z.B. 50Hz bis 150kHz). In vielen industriellen Anwendungen kommen, wegen hohen Personen- und/oder Brandschutzanforderungen allstromsensitive Fehlerstrom-Schutzschalter vom Typ B bzw. B+ zum Einsatz. Im Frequenzbereich von DC bis zu 100kHz werden die Differenzströme von dem Fehlerstrom-Schutzschalter erfasst. Detektiert nun der Schutzschalter betriebsbedingte Ableitströme von einem oder mehreren Frequenzumrichtern und deren EMV-Filtermaßnahmen, kann dies zu Fehlauslösungen führen, obwohl weder eine Berührung spannungsführender Teile durch Personen noch ein Defekt in den Geräten vorliegt. Die Anlagenverfügbarkeit wird dadurch stark eingeschränkt bzw. die Anlage lässt sich nicht am Fehlerstrom-Schutzschalter betreiben.

Patentiertes Kompensationsverfahren

Aus diesem Grund war der Betrieb von Frequenzumrichtern an FI-Schutzschaltern bisher problematisch und wurde daher oft vermieden – im Hinblick auf den Schutz vor Personen- und Sachschäden ein untragbarer Zustand. Der durchaus legitime Schutzanspruch in Sachen Personen- und Brandschutz, welchen man mit dem Einsatz von Fehlerstrom-Schutzschaltern erzielen kann, darf sich nicht negativ auf die Maschinenverfügbarkeit auswirken. Speziell für diese Aufgabenstellung wurde das Kompensationsgerät Leakcomp HP von der Firma EPA entwickelt. Das Gerät ergänzt hochpräzise den durch die Filterkapazitäten fließenden Ableitstrom. In einem patentierten Verfahren analysiert es den gesamten Betriebsableitstrom der Anlage. Dabei werden die Geräteableitströme mit den Frequenzen 150Hz, 450Hz, 750Hz und 1050Hz (TN-S-Netz 50Hz) fixiert und ein entsprechender neuer Strom mit einer um 180° gedrehten Phasenlage erzeugt und dem Schutzleiter zugeführt. Auch bei hohen Ableitungen in Ein- und Ausschaltsituationen, die meist durch unsymmetrische Anlagenzuschaltungen erzeugt werden, können, bis zu einer bestimmten Amplitudenhöhe, durch die sogenannte Busterfunktion des Leakcomp HP kompensiert werden. Der Fehlerstrom-Schutzschalter löst somit auch nicht bei Netzzuschaltungen aus. Ein weiteres Merkmal des Ableitstromkompensators ist die ausführliche Darstellung der kompensierten bzw. unkompensierten Ableitstrompegel der Frequenzanteile. Diese sind graphisch oder numerisch im Gerätedisplay sichtbar.